Übersicht
Die vordere Kreuzbandruptur (=Kreuzbandriss) ist eine der häufigsten Sportverletzungen. Ca 80% der Normalbevölkerung können nach einer Kreuzbandverletzung wieder Sport ausüben, aber nur ca. 55% der Sportler erreichen das sportliche Niveau wie zuvor. Eine konstante Bandinstabilität, insbesondere während der Ausübung eines Sportes, führt zur frühzeitigen Abnützung von Knorpel und Meniskus und somit im Verlauf zu einem Gelenkverschleiß. Gerade beim Skifahren ist das vordere Kreuzband besonders gefährdet.
WAS IST EIN KREUZBAND?
Ein Komplexes Zusammenspiel zwischen Knochen, Bandkomplexen, Muskelansätzen und Sehnen stabilisieren das Gelenk auch unter maximaler Belastung, wie z.B. beim Sport. Vereinfacht unterscheidet man 4 Haupt Bänder welche das Knie gegen Rotation und Achsverkippungen schützen.
Das Vordere Kreuzband zieht schräg durch das Kniegelenk, entspringt von der Innenseite der lateralen (=äußeren) Oberschenkelrolle und setzt zentral am Schienbeinkopf (Eminentia intercondylaris) an. Es besteht aus 2 Hauptbündel: dem anterolateralen und dem postermedialen Bündel. Je nach Beugungsgrad des Kniegelenkes sind die Bündel unterschiedlich stark gespannt.
Das anterolaterale Bündel dürfte hauptsächlich gegen die anteriore Translation (= Vorschub des Schienbeinkopfes gegenüber des Oberschenkelknochen) des Schienbeinkopfes verantwortlich sein. Dem deutlich kürzeren postermedialen Bündel wird die Hemmung gegen Innenrotation zugeschrieben.
Das Kreuzband liegt mitten im Kniegelenk und wird mit Synovialflüssigkeit (=Gelenksflüssigkeit) umspült. Aus diesem Grund kann sich kein Blutkoagel bilden, welches so wichtig für die Heilung wäre. Eine spontane Heilung des Bandes ist somit beinahe ausgeschlossen.
KREUZBANDRISS BEIM SKIFAHREN
Am häufigsten sind Skifahrer zwischen 15 und 25 Jahren betroffen, da in diesem Alter eine höhere Risikobereitschaft besteht verbunden mit höheren Geschwindigkeiten. Weibliche Sportler sind bis zu 5x häufiger gefährdet eine Kreuzbandverletzung zu erleiden als männliche. Dies wird auf ein schwächeres Bindegewebe zurückgeführt, aber auch auf ein häufiger vorhandenes X-Bein.
Eine vermehrte Verletzungsgefahr besteht einerseits durch immer häufiger mit Kunstschnee präparierten Skipisten, aber auch durch schnelleres modernes Equipment. Stark taillierte Carvingski lassen den Ski, in unkontrollierten Momenten, leicht nach aussen ziehen. Meist ist der Körperschwerpunkt weiter hinten, das Kniegelenk ist leicht gebeugt und das Schienbein wird gegenüber dem Oberschenkel nach innen rotiert. Dies wird als Phantomfuß-Mechanismus bezeichnet, welcher häufig in einem Kreuzbandriss resultiert.
Ein Verdrehtrauma beim sogenannten “Slip-Catch” birgt auch ein hohes Verletzungsrisiko. Dies betrifft allerdings meist Rennfahrer. Durch übermäßige Belastung des Innenski rutscht (Slip) der Aussenski weg, greift durch ein akrobatisches Manöver wieder im Schnee. Die Kräfte die dabei auf die Innenkante des Aussenski wirken führen zu einer Beugung des gestreckten Kniegelenkes bei gleichzeitiger Innenrotation und Valgusmaneuver (X-Bein).
Aber auch beim klassischen „Einfädeln“ durch einen Valgus (=X-Bein) und durch eine Aussenrotation kann das Kreuzband reissen.
WIE ERKENNE ICH EINEN KREUZBANDRISS?
Manche Sportler spühren ein Schnalzen, welches einen Kreuzbandriss bereits anzeigen kann. Oft wird die Piste noch zu Ende gefahren, das Kniegelenk schwillt oft etwas zeitversetzt an. Ein Hämarthros (=blutiger Erguss des Gelenkes) spricht bis zum Beweis des Gegenteiles für einen vorderen Kreuzbandriss.
Im Verlauf kann eine Instabilität auftreten „Giving Way Attacken“ bei der es zu Rotationsbewegungen zwischen Oberschenkel und Unterschenkel, welche unbehandelt zur Zerstörung von Meniskus und Knorpelgewebe führt.
Die klinische Untersuchung durch einen Spezialisten bleibt unerlässlich. Mit unterschiedlichen klinischen Tests (Lachman Test, Pivot Shift Test, vordere Schublade) kann die Stabilität des Kreuzbandes und des ganzen Kniegelenkes gut evaluiert werden.
Radiologisch ist eine Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich um die klinische Diagnose zu bestätigen und den Riss, sowie etwaige Begleitverletzung, darzustellen.
THERAPIE DES KREUZBANDRISSES
Je nach Alter des Patienten, den sportlichen Ambitionen, dem Beruf des Patienten, zusätzliche Begleitverletzungen wird die Entscheidung der Therapie individuell mit dem Patienten besprochen.
Therapeutisch bleiben 3 Möglichkeiten:
- Konservative Therapie
- Operative Kreuzbandrefixation (Kreuzbandnaht)
- Operative Kreuzbandersatzplastik
der Kreuzbandriss
KONSERVATIVE KREUZBANDRISS BEHANDLUNG
Patienten mit niedrigem sportlichen Anspruch, höherem Alter, vorbestehender Arthrose (=Gelenksabnützung) profitieren bei fehlender Instabilität von einer konservativen Therapie. Diese besteht vorrangig aus einer Physiotherapie, Aufbau der Kniebeugemuskulatur und propriozeptivem Training.
Eine regelmäßige Evaluierung der Kniestabilität, des Muskulären Status und der Propriozeption sind unerlässlich.
KREUZBANDNAHT
Der Erfolg einer Kreuzbandnaht hängt vom Patientenalter, dem Zeitpunkt der Verletzung und der Risslokalisation ab. Lediglich Kreuzbänder welche direkt vom Knochen abgerissen sind zeigen gute langfristige Ergebnisse. Risse in Mitten des Bandes sollten eher mit einer Ersatzplastik behandelt werden.
Der Zeitpunkt ist wesentlich! Nur Verletzung die in den ersten 3 Wochen wieder am Knochen angeheftet werden sind erfolgsversprechend. Ausserdem zeigen derzeitige Daten, dass die Wahrscheinlichkeit einer Kreuzbandnaht neuerlich zu versagen höher ist, als die dass eine Kreuzbandplastik neuerlich reisst. Daher sollte bei jugendlichen Sportlern eher von einer Kreuzbandnaht Abstand genommen werden.
KREUZBANDPLASTIK
Eine arthroskopische Kreuzbandersatzplastik gilt als “Gold Standard” in der operativen Therapie eines Kreuzbandrisses. Das bedeutet, dass des sich um de standardisierte und bewährteste Therapieoption handelt.
Bei einer arthoroskopischen Kreuzbandplastik wird eine körpereigene Sehne entnommen um diese dann als neues Kreuzband an Stelle des Gerissenen einzuziehen (Kreuzbandersatzplastik).
Die gewonnene Sehne wird nun an Stelle des ursprünglichen Kreuzbandes in kurze vorgebohrte Kanäle eingezogen und im Knochen befestigt. Hierfür gibt es unterschiedlichste Fixationsmechanismen.
REHABILITATION
Nach einer Kreuzbandverletzung besteht ein höheres Risiko einer neuerlichen Verletzung des Selben, aber auch des andern Knies. Daher ist ein Kreuzbandpräventionsprogramm für weitere sportliche Aktivitäten essentiell.